UNIVERSAL SOLDIER
Heutzutage sind Ensemble-Filme, in denen sich mehrere hochkarätige Darsteller die Leinwand teilen, längst nichts Besonderes mehr und spätestens mit der The Expendables-Trilogie (2010 – 2014) ist – zumindest auf dem Papier – besetzungsmäßig der feuchte Traum eines jeden Achtziger-Jahre-Actionfans wahr geworden. Im Jahr 1992 war es jedoch eine kleine Sensation, dass in Roland Emmerichs Hollywood-Debut Universal Soldier die aufstrebenden B-Actionstars Jean-Claude Van Damme (Bloodsport, 1987) und Dolph Lundgren (The Punisher, 1989) gegeneinander antraten.
Dank Filmen wie Joey (1985) und Moon 44 (1990) hatte sich der in Stuttgart geborene Regisseur Roland Emmerich bereits einen Namen gemacht. Obwohl Kritiker ihn gern als „Spielberg von Sindelfingen“ (wo Emmerich zur Schule ging) belächelten, erregten seine in Deutschland produzierten, aber in englischer Sprache gedrehten Filme die Aufmerksamkeit Hollywoods, so dass er im August 1991 seinen ersten amerikanischen Film drehte: Universal Soldier, der – heute undenkbar – mit großer Spannung erwartet wurde und auch einiges an Berichterstattung bekam. Während die beiden Actionstars Van Damme und Lundgren heutzutage knietief im „Direct-to-Video“-Sumpf stecken, traute man den beiden Europäern damals durchaus noch den Sprung in Hollywoods Oberliga zu. Dolph Lundgrens Filme nach Rocky IV – Der Kampf Des Jahrhunderts (1985) waren zwar nie über den Status eines Achtungserfolgs hinausgekommen, aber dennoch traute man dem cleveren Schweden mehr zu – genau wie Jean-Claude Van Damme, dessen Filme – wie zuletzt Geballte Ladung (1991) – immer erfolgreicher liefen. Deshalb investierten die Produzenten Mario Kassar und Allen Shapiro 23 Millionen Dollar in den Film, der in Arizona, Kalifornien und Nevada gedreht wurde. Neben den beiden aufstrebenden Actionstars standen Ally Walker (Singles, 1992), Ed O´ Ross (Red Heat, 1988), Jerry Orbach (1935-2004 / Law & Order, 1992-2004) und Leon Rippy (Moon 44, 1990) vor der Kamera. Zu den Universal Soldiers gehörten u.a. Ralf Möller (Gladiator, 2000) und Chuck Norris´ Sohn Eric (Sidekicks, 1992).
Das US-Militär verfügt über eine neue Spezialeinheit: Die Universal Soldiers, die u.a. bei Geiselnahmen eingesetzt werden. Was die Öffentlichkeit nicht weiß: Hinter dem blitzsauber operierenden Spezialkommando verbergen sich gefallene, reanimierte Soldaten aus dem Vietnamkrieg. Unter ihnen befinden sich Lux Deveraux (Jean-Claude Van Damme) und Andrew Scott (Dolph Lundgren), die in den Wirren des Kriegs aneinandergerieten und sich gegenseitig umbrachten. Nach einer Geiselbefreiung kommen den beiden – trotz Gedächtnislöschung – Erinnerungen an ihre Vergangenheit...und an ihre Feindschaft. Und das ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als Reporterin Veronica Roberts (Ally Walker) das Universal Soldier-Projekt auffliegen lassen will…
Universal Soldier ist auch 25 Jahre nach seiner Entstehung ein hervorragender Actionfilm mit Science-Fiction-Einschlag, allerdings liegt der Klassikerstatus des Films nicht gerade in seiner Handlung begründet. Was den Plot angeht, hat man bei Universal Soldier einfach alles in den Topf geschmissen, was damals im Action – bzw. Science-Fiction-Film gerade in war. So haben Held und Schurke die häufig genutzte Vietnamvergangenheit, es gibt eine Suche nach der eigenen Identität wie in Die Totale Erinnerung (1990) und wenn Van Damme und Lundgren als gedopte Kunstmenschen zum Showdown aufeinander losgehen, erinnert das ein wenig an den finalen Kampf zwischen T-800 und T-1000 in Terminator 2 – Tag Der Abrechnung (1991), bei denen es sich ebenfalls um künstliche Menschen handelte. Was die Story angeht, hat Universal Soldier schon damals nichts wirklich Neues oder Überraschendes geboten.
Dafür stimmen die Schauwerte Des Films. Vom blutigen Auftakt im vietnamesischen Dschungel bis zum Showdown bietet Universal Soldier in regelmäßigen Abständen von Roland Emmerich kompetent inszenierte Actionszenen, die von der bleihaltigen Geiselbefreiung über explodierende Tankstellen bis hin zur Verfolgungsjagd mit dem durchaus furchteinflößenden Unisol-Truck reichen. Das Sahnehäubchen ist jedoch der gut zehnminütige Schlusskampf zwischen Jean-Claude Van Damme und Dolph Lundgren. Im Gegensatz zu heutigen Kampfszenen, die jeden Sehgenuss mittels Schnittgewittern und Stakkatoschnitten erheblich schmälern, kann man hier jede Kampfhandlung nachvollziehen ... und obwohl an der einen oder anderen Stelle mit Sicherheit getrickst wurde, hat man als Zuschauer stets das Gefühl, dass hier zwei kampfkunsterprobte Actionstars ohne Netz und doppelten Boden zeigen, was sie draufhaben. Schon deshalb ist Universal Soldier absolut sehenswert und ein Muss für Actionfans. Ebenfalls erfreulich ist – zumindest für Freunde des gepflegten R-Rated-Actionfilms - : Obwohl Universal Soldier heutzutage nicht mehr indiziert und ab 16 Jahren freigegeben ist, ist er immer noch ziemlich brutal. Der Streifen zeigt eine Reihe von Genickbrüchen, blutigen Einschüssen und andere deftige Gewaltspitzen, die es damals schafften, die Gemüter zu erhitzen und eine Diskussion über Gewalt im Film auszulösen, z.B. in „Europas größter Filmzeitschrift“ Cinema.
Universal Soldier ist aber auch die große Show des Dolph Lundgren. Ohne seine intensive, furchteinflößende Performance als völlig skrupelloser Andrew Scott wäre Universal Soldier nur die Hälfte wert und obwohl Lundgren nach Universal Soldier noch eine Reihe wirklich guter Filme gemacht hat, war er selten so überzeugend wie hier. Allein die Supermarktszene ist brillant!
Etwas blasser wirkt dagegen Jean-Claude Van Damme, was allerdings auch seiner Rolle geschuldet ist. Während Lundgren völlig entfesselt einen blutrünstigen Psychopathen spielen darf, gibt Van Damme einen reanimierten Ex-Soldaten, der auf der Suche nach seinem wahren Ich ist und sich in der modernen Welt erst zurechtfinden muss. Das nahmen einige Kritiker zum Anlass, sich darüber lustig zu machen, dass der Belgier mehrmals „auf rührende Weise verwirrt dreinschauen“ würde. Nun, auch wenn Van Damme, der insgesamt gesehen immer noch nicht zur Top Ten der besten Schauspieler aller Zeiten gehört, damals schauspielerisch noch nicht so gut war wie in JCVD (2008) oder Six Bullets (2012), ist diese Kritik etwas unfair, da das Unbedarfte und Hilflose, dass Van Damme in einigen Szenen ausstrahlt, genau zu seiner Rolle passt. Zwar zieht er gegen Lundgren den Kürzeren, bietet aber dennoch eine mehr als solide Vorstellung...und in den Kampfszenen macht dem grazilen Van Damme eh kaum jemand was vor.
Eine wesentlich undankbarere Rolle hat Ally Walker als nervige Reporterin. Sie muss hier das Klischee des weiblichen Heldenanhängsels repräsentieren und schafft das auch auf beängstigende Weise – als sie JCVD z.B. während einer Autofahrt unerbittlich zutextet, möchte man ihr am liebsten einen Knebel in den vorlauten Mund stopfen. Und auch sonst hat sie kaum mehr zu tun, als dem Helden bei der Arbeit über die Schulter zu schauen – mit seiner Frauenfigur weiß der Film jedenfalls nicht viel anzufangen.
Deutlich besser schlagen sich die männlichen Darsteller in den Nebenrollen. Ed O´ Ross spielt – auch wenn seine Rolle nicht besonders groß ist – absolut authentisch einen knorrigen, gewissenlosen US-Militär. Ebenso gut ist Jerry Orbach in seiner Nebenrolle als Dr. Christopher Gregor. Und die übrigen Universal Soldiers hat man ebenfalls gut ausgewählt.
Universal Soldier ist trotz einiger, verschmerzbarer Kritikpunkte ein Meilenstein des Actionfilms und das nicht nur, weil er zwei aufstrebende Actionstars in einem Film vereinte. Die Story mag nicht besonders originell sein, aber das gilt für nicht gerade wenige Highlights des Actionfilms der Siebziger und Achtziger Jahre … und wimmelten auch diese Filme nicht vor unbeholfenen, klischeehaften Frauenfiguren? Stattdessen sollte man die hervorragenden, packenden Actionszenen, die Leistungen der männlichen Haupt – und Nebendarsteller genießen und die Tatsache schätzen, dass der Streifen – trotz seiner nicht gerade umwerfenden Story- zu keiner Sekunde Langeweile aufkommen lässt. Universal Soldier ist ein kleines Juwel des modernen Actionkinos und sollte auch heute noch als solches betrachtet werden.
9/10