Töte Amigo
Originaltitel: ¿Quien sabe?
Herstellungsland: | Italien (1967) |
Standard-Freigabe: | FSK keine Jugendfreigabe |
Genre: | Western |
Bewertung unserer Besucher: |
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Note: 7,86 (14 Stimmen) Details |
Inhaltsangabe:
Das blutige Finale der Revolution lodert über Mexiko. "Im Namen des Vaters!" schreit El Santo, der Heilige, und wirft eine entsicherte Handgranate in den Kasernenhof der Regierungstruppen, die gerade ihren Morgenappell abhalten. El Santo gehört zur Bande von El Chuncho und dem geheimnisvollen Amerikaner Bill, genannt El Gringo. Gemeinsam stürmen sie das Fort, um Munition und Waffen zu erbeuten und diese an den Revolutionsgeneral Elias zu verkaufen. (Koch Media)
MEXIKANISCHER JUNGE (ganz aufgeregt und neugierig tippt er dem Mann am Fahrkartenschalter auf die Schulter): "Señor, Señor? Sind sie aus den Vereinigten Staaten? Señor, gefällts ihnen in Mexiko?"
EL NIÑO (cool as ice): "Nein, überhaupt nicht!"
So beginnt einer der großen Revolutions-Western unter dem spanischen Originaltitel ¿Quién sabe?, was soviel heißt wie: "Wer weiß?" Wieder einmal bevorzuge ich übrigens den englischen Titel: A Bullett for the General.
Arbeiten wir mal kurz die Fakten ab. Regisseur ist Damiano Damiani, auch erst vor vier Jahren verstorben, und neben Töte Amigo bekannt für Nobody ist der Größte (zusammen mit Sergio Leone) und vor allem für die wirklich empfehlenswerte Fernsehserie Allein gegen die Mafia (La Piovra). Am Drehbuch (gemeinsam mit Salvatore Laurani) sticht Franco Solinas hervor, der für Qualitätsware mitverantwortlicht zeigt, wie Schlacht um Algier, Wer erschoss Salvatore G.? oder Tepepa.
Schauspielerisch gibt es ein unheiliges Dreigespann, das die weitläufige Geschichte dicht zusammenhält. Der göttliche Gian Maria Volonté, über den es so viel zu sagen gäbe, spielte im selben Jahr (1967) in Sergio Sollimas Philosphie-Western Von Angesicht zu Angesicht mit. Die meisten werden ihn aber sicher als Ramón Rojo (Für eine Handvoll Dollar) oder El Indio (Für ein paar Dollar mehr) kennen. Daneben lieferte Volonté auch herausragende Leistungen ab in Vier im roten Kreis von Jean-Pierre Melville oder in Der Fall Mattei, Lucky Luciano und Christus kam nur bis Eboli (alle von Francesco Rosi). Volonté ist jedenfalls einer der charakter- und wandlungsvollsten Gesichter im Western (ich lasse "Spagetti" mal ganz bewusst weg), in denen es ja mehr als ein paar "Charakterfressen" gibt.
Zweiter im Bunde der Mimen ist der zwar nie ganz so erfolgreiche, dafür aber hier perfekt eingesetzte Lou Castel (Matalo!, Warnung vor einer heiligen Nutte), der den zwielichtigen amerikanischen Auftragskiller gekonnt uneindeutig darstellt. Und dann ist da noch Klaus Kinski. Was soll ich sagen? Die Rolle des El Santo ist ihm wie auf den Leib geschneidert. Seine Darstellung erinnert sehr an seine Selbstinszenierung in Jesus Christus Erlöser und es ist schade, dass diese Rolle keinen größeren Raum einnimmt.
Dreh- und Angelpunkt der Handlung sind allerdings El Chuncho (Volonté) und El Niño (Castel). Den Rahmen bildet die Mexikanische Revolution (1910-1920). In dieser Umbruchsphase stromert Bandenführer El Chuncho mit seinen Mannen durchs Land und raubt im Namen der Revolution Waffen, um diese für die Revolutionsarmee zu verhökern. Auf das erbeutete Maschinengewehr Hotchkiss M1914 ist er dabei besonders stolz. Den US-amerikanischen Gringo El Niño nimmt er trotz Bedenken seiner Mannen in seine Bande auf, da er für ihn eine tiefe Freundschaft und Verbundenheit empfindet und dieser ihm nicht nur blind hinterherläuft.
Als El Chuncho eine große Waffenladung an den Chefgeneral Elias liefert, stellt sich allerdings heraus, dass El Niño nicht nur ein einfacher Gringo ist. Von nun an muss sich El Chuncho die Frage stellen, ob seine Kriegsgewinnlerei nicht doch auf den Schultern derer ausgetragen wird, welche die Revolution eigentlich befreien will. Steht sein Handwerk auf den Bergen von Leichen seiner Landsleute? Ist er wirklich ein Revolutionär oder nur ein aufs Geld versessener Bandit und Raubbube?
Das alles sind Fragen, die Damianis Revolutions-Western stellt. Hierbei muss ich bemerken, dass der Begriff Western hier etwas schwierig ist. Damiani hat für Töte Amigo darauf bestanden, dass er keinen "Western" gedreht hat. Auch Sergio Sollima (Der Gehetzte der Sierra Madre) hat das über seine Filme öfter gesagt. Ich würde sagen, dass die Genrebezeichnung "Western" vielleicht wirklich zu eng ist, für das was hier behandelt wird. Erstens geht es ja nicht um den "Wilden Westen", sondern um das wilde Mexiko. Die Cowboys sind auch keine Cowboys, sondern Gauchos. Gaucho ist die Bezeichnung für die südamerikanischen Viehbauern, die mit ihren indigenen Wurzeln schon eine völlig andere Verbundenheit zu ihrem Land haben. Der Gaucho spielte in der südamerikanischen Literatur und Poesie eine romantische Rolle und erzählt sicher eine andere Geschichte als diejenige des typischen Westerners und Lonesome Cowboy.
Darüber müsste man natürlich ausführlicher sprechen. Wichtig ist nur, dass Western nicht gleich Western ist und es nicht immer nur um Cowboys und "Indianer" geht (auch wenn das "Lasso" herausgeholt wird). Der Begriff "Revolutions-Western" ist als sobenanntes Subgenre sicher treffender, richtet sich aber eben nur auf die Revolution. Vielleicht könnte man "Goucho-Western" sagen. Das muss jeder selbst entscheiden.
Wichtig bleibt allerdings, dass Töte Amigo ein genialer Film ist. Die Charaktere verbindet eine Freundschaft und Liebe, welche sich nicht nur auf die Herkunft bezieht, sondern vielmehr auf eine gemeinsame Einstellung. Das kann der Wunsch nach Geld, Schnaps und leichten Mädchen sein. Aber es ist auch das Füreinanderdasein, die Gerechtigkeit und die Liebe zu Land und Leuten. Hierin liegt vor allem der Zwiespalt. Denn El Chuncho, dem Waffenhändler, geht es letztlich um mehr als Geld. Das weiß er aber erst am Ende, wieD das herausragende Finale beweist, bei dem mir immer wieder der Atem stockt.
Denn die letzte Frage für einen Mann, auch wenn er ein Bandit ist, bleibt: "Kann ich dir noch vertrauen, obwohl du mich belogen hast?"
El Chuncho beantwortet diese Frage ganz klar und man weiß am Ende, dass es gleichzeitig die Frage an ihn selbst ist: "Kann ich mir noch vertrauen, wenn ich gegen meine innere Überzeugung verstoßen habe?"
Wie gesagt, in Töte Amigo geht es um das, was einen Mann ausmacht, was Freundschaft und Gerechtigkeit ist, sowie um die eigene Herkunft und richtiges und falsches Handeln. Es ist die Enttäuschung darüber, wie schlecht man behandelt wird und wie schlecht man selbst die anderen behandelt. Zeit sich zu ändern!
¡Viva la revolución!
El Chuncho erschießt Guapo, ein alteingesessenes Mitglied seiner Bande, der El Niño angegriffen hat.
BANDENMITGLIED (völlig verstört): "Mensch, was hast du gemacht? Warum... Warum hast du ihn umgelegt?"
EL CHUNCHO (sieht El Niño die ganze Zeit in die Augen und spricht ganz leise und mit spürbaren Gefühlen) "Warum? (Pause) Guapo wollte Niño töten. (Pause) Und Niño ist mein Freund."
BANDENMITGLIED (irritiert): "War Guapo etwa nicht dein Freund?"
EL CHUNCHO (seine Emotionen weichen nun seiner harten und sarkastischen Art) "Guapo? (zuckt herablassend mit den Schultern) Guapo ist tot."
PS: Das am Anfang erwähnte Zitat kommt übrigens in ähnlicher Form in Sollinas Von Angesicht zu Angesicht vor und zeigt die herablassende Art eines US-Amerikaners gegenüber Mexiko. Das scheint sich heute noch nicht groß geändert zu haben, denkt man an eine gewisse Mauer.
Kommentare
16.08.2017 06:26 Uhr - dicker Hund |
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16.08.2017 09:19 Uhr - TheRealAsh |
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16.08.2017 10:15 Uhr - NoCutsPlease |
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16.08.2017 10:27 Uhr - TheRealAsh |
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16.08.2017 13:52 Uhr - Intofilms |
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16.08.2017 16:56 Uhr - TheRealAsh |
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Danke, into, schön mal wieder von dir zu hören. Keep on watching!
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17.08.2017 02:22 Uhr - Tom Cody |
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17.08.2017 13:15 Uhr - TheRealAsh |
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Danke Tom, welche Liste ist denn das??? Schweinerei!
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