Vergleich zwischen der
zensierten Underground Wife-Schnittfassung und der
IFD-Orginalfassung als Kill, Butterfly, Kill (beide enthalten auf Disc 1 der
US-Blu-ray von Neon Eagle Video)
34 dokumentierte Abweichungen, inklusive 5 Umschnitten
* 10x zusätzliches Material bei
Underground Wife mit einer Dauer von 494 sec (= 8:14 min)
* 22x zusätzliches Material bei
Kill, Butterfly, Kill mit einer Dauer von 487 sec (= 8:07 min)
Zweieinhalb Filmtitel und drei massiv abweichende Filmversionen
Es wird wieder mal kompliziert.
1982 entstand
Underground Wife, ein typisches
Taiwan Black Movie. Seit Ende der 70er machte sich die heimische Filmindustrie einen Namen für einige "schmutzige" kleine Filmchen, die Sex und Gewalt geschickt an der heimischen Zensur vorbeimogelten. Im Jahre 2020 gab es zu diesem Genre eine
Festivalreihe, die einige neue 35mm-Abtastungen zu Tage förderte. Aus deutscher Sicht war da sicher
Geheimkommando D.E.A.T.H. - Lady Ninja aus dem Jahre 1983 hervorzuheben. Während dieser Titel seine Gewaltspitzen in ein buntes, historisches Setting eingebunden hat, spielt
Underground Wife klar in der Gegenwart. Es handelt sich um einen düster-kompromisslosen Rape'n'Revenge-Plot, garniert mit der typischen Liebesgeschichte am Rande und ein paar kleinen humoristischen Einlagen. Einige Szenen sind dabei jedoch erstaunlich experimentell bis geradezu surreal und generell recht atmosphärisch inszeniert.
Genre-Fans werden einige Gesichter, u. a. aus früheren Shaw-Produktionen oder Filmen mit Jackie Chan, wiedererkennen. Neben dem durch diverse Hauptrollen bekannten Chen Sing fallen z. B. Chen Hung-Lieh (
Das Schwert der gelben Tigerin), Paul Chang Chung (
Police Story), Lung Fei (
Wang Yu - Eine Faust wie ein Hammer) oder Chuan Yuan (
Kuan - Der unerbittliche Rächer) und der in diversen
Taiwan Black Movies auftretende Ex-Gangster Sha 'Tattooer' Ma auf. Die meisten Interessenten wissen allerdings nichts von ihrer Beteiligung, denn man kennt den Film vor allem als
Neuschnitt von IFD, sodass die üblichen Gwailo-Pappnasen wie
Mike Abbott oder
Mark Miller dort im Vordergrund stehen.
Die Rede ist von der
1987 von dem Cut'n'paste-Studio erstellten Version
American Commando 6: Kill, Butterfly, Kill, bei der natürlich große Teile des Originalfilms rausgeflogen sind. Wie üblich wurde hier eine völlig wirre Rahmenhandlung dazugedichtet, in der die westlichen Gesichter auftreten und so groß auf die (wie üblich schicken) Videotheken-Poster geklatscht werden konnten. Hartnäckige Fans bekamen in Taiwan auf VCD und DVD immerhin auch die Möglichkeit, (quasi) den Originalfilm zu sehen. Aber auch das war nur die halbe Wahrheit, wie die dritte Version auf der
seit Mai 2023 erhältlichen Blu-ray-Premiere in den USA von Neon Eagle Video untermauert.
Als Hauptfilm auf Disc 1 der sehr empfehlenswerten VÖ findet sich nämlich eine neue HD-Abtastung im Original-Bildformat 2,40:1 von
Kill, Butterfly, Kill. Also prinzipiell der gleiche Titel, wohlgemerkt aber
ohne die beknackte Zuordnung zur
American Commando-Reihe. Diese Version kommt auch mit IFD-Intro und englischer Originalsynchronisation daher, wurde also wohl auch in den (frühen) 80ern für den weltweiten Export erstellt. Besonders im Vergleich zum 87er-Neuschnitt verläuft der Film hier noch sehr ähnlich zum ursprünglichen
Underground Wife-Cut - zumindest komplett ohne die völlig absurden, nachgedrehten Gwailo-Szenen. Der Teufel steckt dann aber auch hier im Detail, wie man an der als SD-Bonus mit auf der Disc enthaltenen
Underground Wife-Schnittfassung sehen kann und was Gegenstand des vorliegenden Schnittberichts ist.
Zudem ist auf Disc 2 noch der
American Commando 6-Neuschnitt als eigene HD-Abtastung in 2,40:1 enthalten, was für Trashfreunde gegenüber den alten Vollbildauswertungen natürlich auch eine Wonne ist. Ein Booklet mit Beteiligung von u. a. Jesús Manuel Pérez Molina, dem Autor des
Golden Ninja Warrior Chronicles Blog, rundet das schicke Paket ab.
Unterschiede zwischen Underground Wife und Kill, Butterfly, Kill
Die offensichtlichste Abweichung zeigt sich gleich in den ersten Minuten durch den
Umschnitt der Vergewaltigungs-Szene. Was in
Underground Wife zum Einstieg am Stück gezeigt wird, passiert in
Kill, Butterfly, Kill hier vorerst nur angedeutet und wird dann über den Film hinweg mit Rückblenden wieder eingebaut - jeweils wenn unsere Protagonistin sich den entsprechenden Peiniger vorknöpft. Das sorgt natürlich für eine andere Dynamik imd funktioniert erstaunlich gut. Außerdem werden so über den Film verteilt weitere "Schauwerte" gestreut, wenn man dies so nennen will.
Das führt auch gleich zum zweiten wesentlichen Merkmal, nämlich etlichen
Zensuren bei
Underground Wife, die in
Kill, Butterfly, Kill nicht zu beanstanden sind. Ob dies wirklich die ursprünglich in Taiwan so ausgewertete oder eine nachträglich zensierte Variante ist, lässt sich heutzutage nicht mehr eindeutig rekonstruieren. Jedenfalls hatte IFD damals offenbar Zugriff auf das unzensierte, vollständige Material. Besonders alle Vergewaltigungsszenen sind damit einhergehend teils deutlich länger, inklusive diverser sadistischer Einlagen. Auch etliche kleine Gewaltspitzen bei den Kampfszenen sind zu entdecken. Weitestgehend ist
Underground Wife vergleichsweise gut/unauffällig zensiert worden, aber dennoch spricht dies (neben der meilenweit überlegenen Bildqualität) natürlich eindeutig für die Sichtung von
Kill, Butterfly, Kill.
Aber auch darüber hinweg gibt es
Handlungsabweichungen, kurioserweise in beiden Fassungen. Auffällig ist hier vorwiegend, dass
Underground Wife weitere Romantik-/Drama-Szenen und generell mehr kleine, in die Länge gezogenen "Füllermomente" hat. Nichts davon vermisst man wirklich, der IFD-Recut ist hier knackiger. Umgekehrt gibt es aber auch bei IFD ein paar wenige Szenen ohne Zensurhintergrund zusätzlich. Womöglich sind das auch masterbedingte Fehlstellen bei der taiwanesischen Version. Hervor sticht auch noch eine zusätzliche (harmlose) Kampfszene, die inhaltlich irgendwie gar nicht rein passt. Womöglich stammt diese aus dem zeitgleich back-to-back mit der gleichen Crew abgedrehten Film
I Want to be a Good Person - der seinerseits von IFD als
Angel's Blood Mission recyclet wurde.
Erwähnenswert sind zudem etliche Framecuts (vorwiegend bei
Kill, Butterfly, Kill am Anfang/Ende von Einstellungen) und Vorlagenfehler (vorwiegend bei
Underground Wife), die den Direktvergleich zusätzlich erschweren.
Underground Wife ist zwar in NTSC codiert, läuft allerdings in PAL-Geschwindigkeit. Der reine Vergleich von Laufzeiten und auch den oben mühsam herausgerechneten Summen an Zusatzmaterial erzählt also nur die halbe Wahrheit. Außerdem sei an dieser Stelle noch angemerkt, dass alle Rollennamen in der englischen Version verändert wurden und in den üblichen Datenbanken sowieso meist keine Namen zu den jeweiligen Schauspielern angegeben sind - ebenfalls eine etwas chaotische Grundlage für die Beschreibungen im Schnittbericht.
Zum wirklichen
Anschauen sind erwartungsgemäß im Grunde nur die beiden HD-Fassungen zu empfehlen -
Kill, Butterfly, Kill für einen recht ernsten Rape'n'Revenge-Reißer,
American Commando 6 für den gewohnten IFD-Trash der etwas ruppigeren Art. Dennoch natürlich absolut lobenswert, dass man auch die ursprüngliche Filmversion aus Taiwan - zumindest was von ihr nach Zensureingriffen und bei der schlechten Aufbewahrung noch übrig blieb - auch noch für die Ewigkeit archiviert hat.
Laufzeitangaben sind nach dem Schema
Underground Wife in PAL-Geschwindigkeit / Kill Butterfly Kill in 23,976fps
angeordnet