Vergleich zwischen der
gekürzten deutschen DVD von Sunfilm (SPIO/JK: keine schwere Jugendgefährdung) und der
ungekürzten US-DVD von Anchor Bay (Unrated)
- 16 Schnitte + 1 Tonzensur
- Schnittdauer: 259,2 sec (= 4:19 min)
Der Film
Remakes und kein Ende. Auch das Rape'N'Revenge-Genre bildet da mittlerweile keine Ausnahme mehr und nachdem es 2009 Wes Craven's
The Last House On The Left aus dem Jahre 1972 getroffen hat, machte man sich ein Jahr darauf an eine Neuinterpretation von Meir Zarchis berüchtigtem
I Spit On Your Grave (bei der Erstaufführung 1978 noch als
Day Of The Woman betitelt). Beide Remakes haben gemeinsam, dass der Vergewaltigungs-Part etwas weniger ausführlich ausfällt als im Original, die blutige Rache in der zweiten Filmhälfte dafür jedoch umso brutaler gestaltet wurde. Wobei man
I Spit On Your Grave da positiv hervorheben kann: Die im Original insgesamt knapp 30 Minuten einnehmende Vergewaltigung ist schon wirklich sehr harter Tobak und nur weil die 2010er Variante hier etwas kürzer ausfällt, ist sie nicht minder intensiv. Und auch wenn unsere Heldin Jennifer Hills hier gegen Ende vielleicht bei ihren Folterkünste etwas zu sehr an den modernen Jigsaw-Killer erinnert, wurde der Grundton des Originals noch etwas ordentlicher eingefangen als bei dem Craven-Remake ein Jahr zuvor. Wie auch der als Produzent von Anfang an bei der Produktion beteiligte Meir Zarchi sagt: Ein Remake, dem man als Fan des Originals durchaus eine Chance geben sollte.
Zensur im Ausland
Ganz klar, dass ein Film mit derartiger Thematik und der Prämisse, sich nah an das schonungslose Original zu halten, schon im Ursprungsland Probleme mit der Zensur hatte. Und das offenbar in einem derartigen Ausmaß, dass Verleiher Anchor Bay auf Bitte der Macher einen ungewöhnlichen Schachzug wagte: Aufgrund sehr umfangreicher Eingriffe in der von der MPAA nach mehreren Versuchen mit R-Rating abgesegneten Fassung (im Audiokommentar der US-DVD wird von über 100 Schnitten gesprochen!), brachte man
I Spit On Your Grave nur in der ursprünglichen, ungeprüften Version mit großem "Unrated"-Aufdruck auf den Plakaten in die Kinos. So erschien der Film nun im Februar 2011 auch in Amerika auf DVD und Blu-ray.
Fast parallel zum US-Release wurde der Film auch in Großbritannien auf dem Heimkino-Markt veröffentlicht. Wie man bereits im
separaten Schnittbericht nachlesen konnte, waren hier jedoch für die höchste Altersfreigabe Zensurmaßnahmen an 17 Stellen nötig.
Die deutsche Verleihfassung
Während das Original aus dem Jahre 1978 bei ähnlicher Zensurgeschichte in Amerika und Großbritannien für die deutschen VÖs seit jeher glücklicherweise ungeprüft und ohne Schnitte veröffentlicht wurde, sieht es bei dem Remake nun anders aus. Aufgrund der wirtschaftlichen Einschränkungen einer ungeprüften VÖ in Deutschland war klar, dass Rechteinhaber Sunfilm bei den üblichen Prüfungsinstanzen auf Gnade hoffte. Wie von uns
bereits vor einiger Zeit berichtet wurde, hatte man (erwartungsgemäß) bei der FSK auch nach mehreren Anläufen keinen Erfolg. Da eine zensierte, aber zumindest vor einer Indizierung geschützte KJ-Fassung für die Kaufhäuser aus finanzieller Sicht eigentlich unverzichtbar ist, wurde der Kaufstart vorerst verschoben auf Juni 2011. Bis dahin sollte eine notwendigerweise stärker zensierte Fassung das rote Siegel erhalten haben. Kurz vor Leihstart änderte man diesen Kurs, da auch nach fünf offensichtlich immer stärker entschärften Fassungen und erfolglosen Berufungsverfahren noch keine Freigabe von der FSK vergeben wurde. Eine ausführlichere Beschreibung sowie einen interessanten Kommentar von Sunfilm-Mitarbeiter Jörg Bauer kann man in der
entsprechenden Newsmeldung nachzulesen.
Bei der Verleih-Fassung wurde der Gang zur SPIO/JK bereits zum Zeitpunkt der oben verlinkten ersten News angekündigt, sodass diese wie versprochen am
07. April 2011 erscheint. Wie sich nun zeigt, lief es hier jedoch offensichtlich nicht wirklich besser: Die mit der
"leichten JK" (keine schwere Jugendgefährdung) versehene Leihfassung ist um mehr als 4 Minuten geschnitten. Aufgrund der mit einer "schweren JK" (strafrechtlich unbedenklich) verbundenen Einschränkungen (Werbeverbot, sodass der Film von Anfang an wie ein indiziertes Medium behandelt wird), ist man gerade vom Label Sunfilm gewohnt, dass die "leichte JK" das Maximum darstellt. Ob aber nicht sogar bei der höchsten Erwachsenenfreigabe noch Schnitte notwendig gewesen wären, ist die andere Frage.
Die Fassung setzt zensurtechnisch andere Schwerpunkte als die bereits verglichene BBFC-Variante. Dort ging es sinnvollerweise lediglich darum, den erotisierenden Kontext der Vergewaltigung abzuschwächen, während der Revenge-Part der Geschichte komplett unangetastet blieb. Bei der deutschen SPIO/JK-DVD hingegen gibt es bei den Vergewaltigungen lediglich zwei größere Eingriffe, die meisten Szenen und auch solche Momente, die in Großbritannien fehlten, sind jedoch enthalten. Dafür musste die
Saw-ähnliche Folter der Peiniger am Ende einige Eingriffe über sich ergehen lassen. Zumindest geschah dies weitestgehend ohne Anschlussfehler oder sonstige unfeine Nebeneffekte. Bemerkenswert ist zudem noch eine Tonzensur, denn ein etwas derberer Kommentar von einem der Vergewaltiger wurde bei der SPIO/JK-Fassung von der Tonspur entfernt.
Man kann aufgrund der an sich behutsam gesetzten Schnitte durchaus noch einen Blick riskieren, für Genre-Fans dürfte aber wohl nur die ungekürzte Fassung in Frage kommen.
Wie bei den meisten vorigen zensierten Sunfilm-Titeln wurde eine ungeschnittene, deutschsprachige VÖ über Österreich nachgereicht. Diese ist vom Label ILLUSIONS unltd. am 15.06.2011 erscheinen.
Laufzeitangaben sind nach dem Schema
SPIO/JK-DVD in PAL-Geschwindigkeit / US-DVD in NTSC-Geschwindigkeit
angeordnet
Die Schnittdauer-Angaben wurden in PAL-Geschwindigkeit umgerechnet.
Anmerkung:
Für diesen Schnittbericht lagen fertige Muster der Leih-DVD und -BD von Sunfilm vor, auf denen kurioserweise das Siegel "SPIO/JK: strafrechtlich unbedenklich" zu finden war. Wie uns auf Nachfrage bestätigt wurde, handelt es sich hier um einen
Fehler im Presswerk. Wer in seiner Videothek entsprechend gekennzeichnete Exemplare vorfindet, braucht also
nicht mit einer längeren Fassung zu rechnen - auch hier ist nur die im Folgenden beschriebene, zensierte "SPIO/JK: keine schwere Jugendgefährdung"-Fassung enthalten.