Beim 1995 erschienenen Crusader - No Remorse handelt es sich um einen Shooter aus der Draufsicht, der selbst heute noch über eine Riesige Fangemeinde verfügt.
Kein Wunder, sorgte das inzwischen leider geschlossene Entwicklerstudio Origin auch für Kracher wie Cybermage, oder die Ultima- oder Wing Commander-Titel. Zudem dürfte vielen Origin auch als Publisher des von Looking Glass (Terra Nova: Strike Force Centauri, Thief 1 & 2) entwickelten System Shock (1) ein Begriff sein.
Mit den o. g. Titeln gehören die beiden Crusader-Titel sicherlich zu den Highlights der 90er Jahre. Grund genug also, sich auf eine nostalgische Zeitreise zu begeben, und die Zensuren der DV genau unter die Lupe zu nehmen.
Keine Gnade
Angesiedelt in ferner Zukunft, versetzt uns der Plot in die rote Rüstung des Silencer, einen für das World Economic Consortium tätigen Elitesoldaten. Dieser wechselt nach einem unangenehmen Zwischenfall allerdigns die Fronten und schließt sich den ihm gegenüber äusserst misstraurischen Rebellen im Kampf gegen den mächtigen Grosskonzern an.
Was anfangs wie ein müder Abklatsch von Total Recall und Robocop wirkt, und in trashigen B-Movie Videosequenzen erzählt wird, gewinnt zunehmend an Spannung, gerade wegen der unklaren Identität und Herkunft des Silencer. Neben den ständigen Sabotagemissionen gegen das WOC drängt sich zunehmends die Frage auf, ob es sich beim Silencer überhaupt um einen Menschen handelt, oder dieser nicht etwa ein Klon oder gar ein Roboter ist. Außerdem gibt es Gerüchte über einen Spion in den eigenen Reihen, was den angeschlagenen Ruf des Silencers unter den Rebellen auch nicht gerade dienlich ist...
Kein Erbarmen
Die hochauflösende, detaillierte Grafik war seinerzeit eine wahre Offenbarung.
Neben der Auslebung der pyromanischen Phantasien an zahlreichen Gegnern, wie Menschen und Robotern, war es auch die Umgebung, die fast vollständig zerstörbar war. Glasscheiben zerbersten bei Beschuss, Kisten und Fässer, die sowohl vom Feind, als auch vom Spieler als Deckung verwendet werden können, waren ebenfalls zerstörbar und überhaupt sah es nach den zahlreichen Feuergefechten stets so aus, als hätte dort eine Bombe eingeschlagen. Und hatte man einmal die passende Keycard oder die Zahlenkombination für eine Sicherheitstür übersehen, so liess diese sich auch mit schlagkräftigen Argumenten wie Sprengsätzen oder Raketenwerfern dazu überreden, dem Spieler Durchgang zu gewähren.
Denn entgegen des Namens des Titelhelden handelt es sich hierbei keineswegs um ein Stealth-Game, sodern um einen kompromisslosen Shooter.
Um der eigenen Zerstörungswut noch weiter freien Lauf lassen zu können, gibt es ein Umfangreiches Waffenarsenal, welches neben den üblichen Projektil- und Laserwaffen auch einige kreative Ideen, wie eine vom Spieler steuerbare, spinnenartige Bombe, bereithält.
Um das Treiben etwas abwechslungsreicher zu gestalten, wollen auch kleinere Rätsel z. B. mittels Teleporter oder Schalter gelöst werden. Dazu gesellen sich noch einige Sprungpassagen und die Möglichkeit, gegnerische Sicherheitsroboter, Kameras und Standgeschütze unter Zuhilfenahme diverser Terminals zu steuern.
Die treibende Musik unterstützt das allgegenwärtige Chaos mit treibenden Gitarrenriffs und Technobeats, und die brachialen Soundeffekte verpassen jeder Explosion den nötigen Rumms.
Zudem sorgt die Möglichkeit, Lebensenergie, Schutzschilde etc. zu verbessern, sowie nach jeder Mission im Rebellenstützpunkt neue Waffen zu kaufen und beliebig mit den dort befindlichen Charakteren zu sprechen für anhaltende Motivation.
Kein Mitleid
Das spektakulärste am Game dürften allerdings die teils extrem abgefahrenen Todessequenzen darstellen. Ähnlich den alten Fallout-Teilen wurde das Ableben der Feinde sehr detailliert und expliziz gerendert.
Die Blutlache unter den Leichen mag noch relativ unspektakulär sein, doch spätestens, wenn nach einer Explosion gleich mehrere Gegner lauthals brüllend und brennend durch die Gegend rennen oder nach dem Beschuss mit einer tödlichen Dosis UV-Strahlen das Fleisch verschmort, um das Skelett freizugeben, dürfte klar sein, dass es sich trotz der amerikanischen Freigabe ab 13 Jahren keineswegs um einen Titel für Kinderhände handelt.
Zudem kommt noch die Möglichkeit hinzu, Leichen getöteter Feinde nach nützlichen Items und Geld zu durchsuchen, was einen natürlich dazu motiviert, möglichst jeden Gegner zu töten, der den Weg unseres roten Boba Fett Verschnittes kreuzt. Eine nicht-tödliche Möglichkeit, Gegner auszuschalten, z. B. sie bewusstlos zu schlagen etc., existiert nicht.
Als wäre das nicht schon genug, gibt es auf dem Gelände des WEC auch noch zahlreiche unbewaffnete Zivilisten, welche nach ihrem Ableben ebenfalls Belohnungen für den Spieler hinterlassen. Doch nicht nur die potentiellen Credits der Zivilisten motivieren zum Töten dieser - auch die Tatsache, dass diese jederzeit einen Arlam auslösen können, wenn der Spieler ihnen den Rücken zudreht, platziert sie auf der Abschussliste. Ausserdem arbeiten sie ja sowieso für den Feind ;)
Keine Reue
Dass es das Spiel in Deutschland nicht leicht haben würde, war klar. Somit setzte man hier gemäß dem Spieltitel erbarmungslos die Schere ohne Rücksicht auf Verluste an. Die zahlreichen Sterbeanimationen wurden entfernt, Gegner fallen nur noch unblutig, und ohne einen Laut von sich zu geben, zu Boden. Kein Wunder also, dass man eine Freigabe ab 16 Jahren anstrebte und die Verpackung bereits mit dieser Freigabe bedruckte. Umso verwunderlicher, dass das Game dann von der USK noch immer die 18er Freigabe erhielt (was aber möglicherweise auch an den nach wie vor eliminierbaren Zivilisten liegen könnte...). Also wurde über der 16er-Freigabe der rote 18er-Sticker platziert, um nicht alle Schachteln noch einmal drucken zu müssen.
Doch damit nahm die interessante Zensurgeschichte um den Titel noch immer kein Ende. Zwei Jahre später erfolgte schließlich sogar die Indizierung dieses blutleeren Torsos (Entscheidung Nr. 5092 (V) vom 17.03.1997, bekanntgemacht im Bundesanzeiger Nr. 60 vom 27.03.1997), welcher immer noch als "ein brutales Tötungs- und Metzelspiel, bei dem sich der Spieler (...) unter Zuhilfenahme verschiedenartigster Waffen und ohne Rücksicht auf den Gegner durchkämpfen müsse, um die nächste Spielstufe zu erreichen." bezeichnet wurde. "Prognostiziert wird eine in höchstem Maße verrohende, gewaltverherrlichende und - verharmlosende und damit sozialethisch desorientierende Wirkung auf kindliche und jugendliche Spieler."
Gerade der letzte Satz des Indizierungsantrages dürfte dem aufmerksamen Leser ein Stirnrunzeln entlocken. Da wird ein Spiel indiziert, weil es vorher extrem kastriert und dadurch das Spielgeschehen verharmlost wurde?
Nichts desto trotz besteht auch bei der deutschen Version die Möglichkeit, diese weitestgehend in den Ursprungszustand zurück zu versetzen (Siehe unten), was laut Indizierungsbescheid aber wohl nie Grundlage der Indizierung war.
Geändertes Datum im Intro
Das Datum wurde im Intro der DV von 2196.2 auf 2493.2 geändert. Warum man ein fiktives, in ferner Zukunft liegendes Datum zur womöglich weiteren Verfremdung und Distanzierung zu den Ereignissen im Game durch ein anderes fiktives, noch weiter in der Zukunft liegendes Datum ersetzt hat, ist unklar.
Durch das geänderte Datum in der DV ergibt sich jedoch ein Logikfehler zum Nachfolger Crusader - No Regret. Dieser knüpft direkt and den Vorgänger and und beginnt mit der Zeitangabe 2196.9 im Intro, paradoxerweise also deutlich
vor dem Datum der DV des ersten Teils.
Unzensierte amerikanische Version: | Zensierte deutsche Version: |
| |
Geänderte Lokalisation am Beispiel des Intros
Generell wurde die deutsche Lokalisation zwar größtenteils äusserst sorgfältig mit professionellen Sprechern durchgeführt, dennoch stimmt diese nicht 1:1 mit dem englischsprachien Original überein.
Als Beispiel zu den Unterschieden sei hier repräsentativ das Intro mit seinen diversen Unterschieden vorgestellt.
Hier wurde der Dialog zwischen Vittek und Zurovec für die DV leicht abgeändert, was gerade in den Untertiteln einen anderen Sinn vermittelt.
In der unzensierten Version sind Untertitel und Sprachausgabe deckungsleich (ausgenommen der Zusatz in Klammern, welcher nur zu hören, aber nicht zu lesen ist), erstere lassen sich 1:1 aus den Spieldateien herauskopieren:
Zurovec: What good will that do?
Vittek: Oh, man! We shouldn't have let them go.
Zurovec: Shut up, Vittek! They were civilians, not rebels. You keep makin' noise and Command will nail us.
Vittek: (Did you see the shellcasings? That wasn't a rebel ambush.) Command ordered the vetron unit to take out our team!
Zurovec: Friendly fire. They just stepped into the wrong line.
Vittek: Friendly fire! Command tried to kill us for letting them go. Oh man, we've done it now. We'll be fragged for sure!
Zurovec: Quiet! Nobody's going down! Just keep your motion ...
Vittek: We can't go home! You heard what happened to Owens when...
Zurovec: Yes we can! All right. We didn't find any rebels, so we couldn't have let them go, right?
Vittek: I got a bad feeling about this.
Die Sprachausgabe in der DV entspricht im Wesentlichen der unzensierten Version, allerdings mit leichten Änderungen:
Zurovec: Zu was soll das gut sein?
Vittek: Oh Mann! Wir hätten die nicht gehen lassen sollen!
Zurovec: Schnauze Vittek, das waren Zivilisten, keine Rebellen!
Der zweite Satz, von Zurovec fehlt in der DV komplett
Vittek: Hast du die Patronenhülsen gesehen? Das war kein Rebellenhinterhalt... Der Kommandant hat den Vetron geschickt, um unser Team auszuschalten.
Zurovec: Das war
Zufall. Sie sind einfach in die Schusslinie gekommen.
Vittek:
Nie! Der Kommandant wollte uns abknallen, weil wir
die Bettler gehen ließen... Mann! Jetzt haben wir den Salat. Die werden uns garantiert fertig machen.
Zurovec: Ruhe, niemand macht uns fertig.
Reiss dich zusammen...
Vittek: Wir können nicht zurück. Ihr habt doch gehört, was
Owen passiert ist!
Zurovec: Doch können wir,
und jetzt still. Wir haben keine Rebellen gefunden, also konnten wir sie auch nicht gehen lassen.
Vittek: Ich hab' ein schlechtes Gefühl bei der Sache.
Besonders auffällig ist hier die Unterschlagung des zweiten Satzes von Zurovec, sowie die Vermeidung des Audrucks "Friendly Fire" (irrtümlicher Beschuss durch die eigenen Streitkräfte).
Zusätzlich gibt es noch ein paar weitere, geringfügigere Änderungen, und warum aus dem Nachnamen "Owens" der Vorname "Owen" wurde, leuchtet ebenfalls nicht ganz ein.
Die Untertitel der DV lassen sich ebenfalls aus den Spieldateien herauslesen und weisen noch weitere Änderungen auf:
Zurovec: Zu was soll das gut sein?
Vittek: Oh Mann! Wir hätten die nicht gehen lassen sollen!
Zurovec: Schnauze
Vitek, das waren Zivilisten, keine Rebellen!
Vittek: Hast du die
Patronen gesehen? Kein Rebellenhinterhalt... Der Kommandant hat den Vetron
gegen uns ausgesandt.
Zurovec: Das war Zufall. Sie kamen in die Schusslinie.
Vittek: Nie! Der Kommandant wollte uns abknallen lassen. Mann! Jetzt haben wir den Salat. Die machen uns fertig.
Zurovec: Ruhe, niemand macht uns fertig. Reiss dich zusammen...
Vittek: Wir können nicht zurück.
Denk daran, was Owen passiert ist!
Zurovec: Doch können wir, und jetzt still.
Wir fanden keine Rebellen! Wir konnten keine gehen lassen.
Vittek: Ich hab' ein schlechtes Gefühl bei der Sache.
Zwar definitiv keine Zensur, aber dennoch ein interessantes Detail: "Vittek" wird hier mit nur einem "t" geschrieben, was schlicht und ergreifend falsch ist, da es sich hierbei um eine Anspielung auf den Namen eines der Programmierer, Mark Vittek, handelt.
Weiterhin ist es etwas sonderbar, dass aus den Patronenhülsen auf einmal nur noch Patronen geworden sind und nun auch keine Rede mehr von einem ganzen Team ist.
Aus dem "garantiert" fertig machen, wurde hier ein fertig machen, zudem kriegt die Passage mit Owens / Owen durch das "Denkt daran..." etwas mehr Nachdruck.
Am Auffälligsten ist allerdings die Tatsache, dass man hier offenbar den Eindruck entstehen lassen will, dass es tatsächlich keine Rebellen gegeben hat.
In der unzensierten Version ist es also so, dass ein ganzes Team Silencer auf unbewaffnete Zivilisten trifft und offenbar einen Befehl ignoriert, diese zu töten. Anschließend werden deswegen einige von ihnen von einem Vetron getötet.
Besonders in den deutschen Untertiteln wirkt es so, als habe es tatsächlich keine Rebellen gegeben, und das Team kam zufällig unter Beschuss.
Man wollte dem Spiel wohl etwas Härte dadurch nehmen, dass man die Tatsache entfernt hat, dass die Silencer ursprünglich alle Rebellen töten hätten sollen, diese aber laufen liessen, weshalb nun auch sie selbst auf der Abschussliste gelandet sind.
Dadurch entsteht in der DV ein großes Logikloch, ist es doch genau dieser "Zwischenfall" mit den unbewaffneten Zivilisten und die anschließende Verfolgung durch die ehemaligen Auftraggeber, wodurch der Silencer zum Überlaufen zu den Rebellen bewegt wird.
Es gibt noch zahlreiche Videosequenzen mit ebenfalls leicht abweichenden Übersetzungen. Ob dies bewusst aus Zensurgründen oder grober Fahrlässigkeit passiert ist, ist zwar nicht bekannt, allerdings kann man wohl aus einer Mischung von beiden Faktoren ausgehen.
Die Änderung des Intros stellt hierbei jedoch die größte "Verfälschung" gegenüber der unzensierten Version dar, und steht an dieser Stelle examplarisch für die zahlreichen weiteren durch die Lokalisation entstandenen Unterschiede.
Entfernte Todesschreie
In der deutschen Version fallen die Gegner lediglich lautlos zu Boden. Nur in der unzensierten Version sind Schmerzens- und Todesschreie zu hören.
Entfernte Blutlachen
Tötet man einen Gegner mit Projektilwaffen wie Pumpgun, Pistole oder MG, oder mit herkömmlichen Laserwaffen, so fällt dieser zu Boden und es bildet sich langsam eine Blutlache unter dem Körper. In der DV wurde auf die Blutdarstellung verzichtet.
Anmerkung: In zwei Levels hat man jedoch offenbar vergessen, die dort befindlichen Dekoleichen ebenfalls um die Blutlache zu erleichtern.
(Bilder aus der unzensierten amerikanischen Version)
Entferntes Verbrennen
Befindet sich ein Gegner nahe eines Explosionsherdes, oder gerät er in unmittelbare Nähe eines Feuerstrahls (z. B. indem der Spieler ein Ventil bei entsprechenden Versorgungsrohren bedient), so fängt dieser Feuer und rennt noch eine ganze Weile schreiend durch die Gegend, bevor er langsam zu Boden sinkt und die Flammen erlöschen, um anschließend den Verkohlten Körper zum Vorschein zu bringen. In der DV fallen die Gegner lediglich lautlos zu Boden.
(Bilder aus der unzensierten amerikanischen Version)
Entferntes nachträgliches Verbrennen
In der unzensierten Version besteht die Möglichkeit, unversehrte Leichen im Nachhinein zu verbrennen, z. B. indem in unmittelbarer Nähe der Leiche eine Explosion stattfindet.
(Bilder aus der unzensierten amerikanischen Version)
Geänderter Waffeneffekt: PL-1 Unifier
Diese Pasmawaffe verschiesst Energiebälle, die getroffene Gegner disintegrieren lassen. Die Animation selbst ist in der deutschen Version identisch mit der in der unzensierten Version, allerdings ist hier nur ein elektrisches Surren zu hören. In der unzensierten Version ist zusätzlich noch ein Schrei des Getroffenen zu vernehmen, der mit einem Hallklang hinterlegt immer leiser wird.
Geänderter Waffeneffekt: UV-9 Pulsar
Die stärkste Waffe im Spiel feuert tödliche Kugeln mit einer Überdosis UV-Strahlen auf den Gegner. Wird dieser getroffen, so ist neben seinen Schreien auch ein Geräusch zu hören, welches das Verschmoren des Fleisches untermalt. Es ist deutlich zu sehen, wie die Haut des Getroffenen langsam geröstet wird und immer mehr verkohlt, bis schließlich nur noch ein blutiges Skelett übrig ist und zu Boden fällt. In der DV fallen die Gegner wieder einmal nur sang- und klanglos auf den Boden.
(Bilder aus der unzensierten amerikanischen Version)