Kuriositäten vom Index und der FSK
Fangen wir mal ganz langsam mit ein bisschen Geschichte an: Am 14. Juli 1953 trat das Gesetz zur Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS) in Kraft, um unter 18-jährige vor jugendgefährdenden Schriften besser schützen zu können bzw. diese Schriften unzugänglich zu machen. Am 19. Mai 1954 wurde dazu die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) gegründet, die künftig Schriften prüfen und gegebenenfalls indizieren (vereinfacht: aus dem öffentlichen Raum entziehen) sollte. Verkauf, Werbung usw. werden hierdurch konkret eingeschränkt.
Am 01. April 1985 - und nein, das ist kein Aprilscherz - trat das Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (JöSchG) in Kraft und die BPjS wurde 2003 zur heute noch existierenden BPjM umbenannt, der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien.
Eine Indizierung besteht normalerweise für 25 Jahre, wenn die BPjM ein Medium auf eine der Listen gesetzt hat. Auf Antrag kann aber auch schon früher eine Listenstreichung durchgeführt werden. Die Rechteinhaber indizierter Medien machen gerade im neuen Jahrtausend immer öfter Gebrauch von Anträgen auf Listenstreichungen - seit dem Jahr 2000 sind tausende Indizierungen aufgehoben worden. Allerdings ist dieses Phänomen nicht neu.
Bereits in den 1980er und 90er Jahren, als die Hochzeit der Indizierungen in Deutschland war, setzten sich Label manchmal durch und erwirkten die Aufhebung von Indizierungen. Ironischerweise sind viele entsprechende Titel dann bzw. heutzutage mit Jugendfreigaben / ab 16 Jahren von der FSK, der Freiwillige(n) Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, freigegeben. Die FSK ist Ihrerseits eine Tochtergesellschaft der 1950 gegründeten Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e. V. (SPIO).
Ein Exkurs noch dazu: Zur SPIO gehört auch die Juristenkommission, kurz SPIO/JK, welche ebenso Filme prüfen und freigeben kann. Hier gibt es seit 2007 zwei verschiedene Freigaben: das "leichte" Siegel (SPIO/JK geprüft: keine schwere Jugendgefährdung). Dieses ähnelt der alten FSK 18-Freigabe insofern, dass es nicht vor Indizierungen schützt. Gleiches gilt auch für das "schwere" Siegel (SPIO/JK geprüft: strafrechtlich unbedenklich), aber da die SPIO hier eine schwere Jugendgefährdung vermutet, unterliegen solche Titel automatisch Vertriebs- und Werbebeschränkungen. Letztere werden somit quasi schon ohne ein entsprechendes Urteil wie indizierte Filme gehandhabt und entsprechend ist die Anzahl solcher VÖs im Laufe der Zeit immer weniger geworden. Für viele Labels ist dann offenbar gleich der komplett ungeprüfte Weg über Österreich attraktiver.
Seit dem 01. April 2003 - nein, wieder kein Aprilscherz - wurde die Kennzeichnung der FSK/USK geändert. Bis dahin galten gemäß § 6 Absatz 3 JÖSchG die Grundsätze, seitdem gilt § 14 Absatz 2 JuSchG. Zum Vergleich und für genauere Erläuterungen sei unser entsprechender Artikel empfohlen. Die wichtigste Änderung dabei ist, dass ein Film mit FSK-Freigabe bzw. Spiel mit USK-Freigabe, selbst bei der Erwachsenenfreigabe, nicht mehr indiziert werden kann. Damit das Ganze aber nicht zu einfach wird, wurden die Etiketten der Freigaben seit Dezember 2008 erneut geändert. Das beinhaltete auch die zumeist weniger beliebten FSK-/USK-"Flatschen" auf dem Frontcover von Heimkino-VÖs sowie die Formulierung "ab 18" des etwas sperrigeren Begriffs "Keine Jugendfreigabe", den man 2003 eingeführt hatte.
Die Kennzeichnungen haben sich seit 2003 aber nicht geändert, nur die Etiketten. Aber egal, ob wir nun von „Nicht freigegeben unter achtzehn Jahren" (bis März 2003), „Keine Jugendfreigabe (gemäß § 14 Absatz 2 JuSchG)" (seit April 2003) reden oder im Etikett „FSK ab 18" steht (seit Dezember 2008): Einiges hat sich getan in der Filmbewertung, seitdem die BPjS (Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften) zur BPjM (Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien) wurde und somit auch Filme prüfte.
Es gibt und gab schon so manche Kuriosität im Laufe der Jahrzehnte. Werfen wir einen kleinen Blick - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - zurück...

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